Die Goldküste

Nach der staubigen Savanne lockt uns die Küste und wir machen uns vom Nationalpark gen Süden auf.
Der Mole National Park ist einer der wenigen der von einem öffentlichen Verkehrsmittel frequentiert wird, der Bus übernachtet und fährt morgens früh − sehr früh − los.
Kurz nach 3 Uhr morgen werden wir geweckt, fast eine Stunde vor der Abfahrt. Kurz die Eimerdusche genommen und dann warten, bis der Busfahrer aufsteht. Warum wir so früh geweckt wurden ist uns nicht klar, eine Theorie ist jedoch, daß man dem Ticketverkäufer nicht noch eine Gelegenheit bieten wollte, sich aufzuregen, falls jemand zu spät käme.
Der ist nämlich ganz unghanaisch unentspannt und wird das erste mal fuchsteufelswild, als er merkt, daß wir alle schon unsere Gepäckstücke selbst eingeladen haben. Dann zahlen jetzt halt alle 2 Cedi, zetert er. Ich habe das Bedürfnis, ihm eine HB anzubieten. Andererseits scheint er eh knapp vor dem Herzinfarkt zu stehen, aber Aspirin habe ich auch keines dabei …
Nach anfänglicher Irritation lachen wir offen über den kleinen Mann, der sich so sehr aufregt, aber den Ghanaern geht er auf die Nerven und die Stimmung wird schlechter.
Neuzusteigende Gäste wundern sich über den kleinen Schreihals, er scheint die Route noch nicht so oft gefahren zu sein.

Deutsch

Wir bleiben eine Nacht in Kumasi und fahren am nächsten Tag mittags nach Takoradi weiter, dort übernachten wir nur kurz in einem schlechten Hotel und fahren dann am nächsten morgen nach Busua weiter.
Hier erwartet uns ein kleines Dorf, ein schöner Strand, eine Surfschule und eine handvoll Resorts aller Preisklassen. Wir suchen uns eines aus der unteren und bekommen eine kleine, heiße Hütte, obwohl es nachts ob der Hitze schwer ist zu schlafen, erholen wir uns drei Tage, während wir in der Sonne liegen, die Ghanaer beim Fischernetze schleppen, Fischen, Fußballspielen, Obrunis bequatschen oder turnen am Strand beobachten und leckeres Essen essen.

Endlich mal jemand, der sich hat photographieren lassen

Bus-Station / Markt in Tamale

Brot und Zahnpasta

Warten

Unser nächstes Ziel ist Cape Coast, ehemalige Hauptstadt der Goldküste, als Ghana noch britische Kolonie war. Hier war der wichtigeste „Waren“-Umschlagplatz in Westafrika.
Ursprünglich kamen die Portugiesen an die Goldküste, um das Goldmonopol der Araber zu brechen, die das Gold von Westafrika durch die Sahara über Marokko nach Europa lieferten. Dies gelang auch und resulierte in einem Kampf um die Vorherrschaft und viele europäische Länder (Portugiesen, Dänen, Schweden, Spanier, Engländer) bauten, eroberten und verloren viele Festungen, die noch heute an Ghanas Küste zu finden sind.
Als auf den Plantagen Amerikas Arbeitskräfte gebraucht wurden (die indigene Bevölkerung dort wurde durch Krieg und Krankheit massiv dezimiert) kam ein katholischer Priester (soviel zum moralischen Relativismus), daß die Afrikaner als Bauernvölker doch gut für diese Arbeit geeignet seien und damit begann der transatlantische Sklavenhandel, der bis ins 19. Jahrhundert ca. 12 bis 15 Millionen Menschen aus Afrika nach Amerika schaffte. Die Weltbevölkerung betrug um 1700 ca. 600 Millionen Menschen.
Die Sklaven wurden dabei von lokalen Machthabern (Kriegsgefangene, Kriminelle) oder Sklavenhändlern, die Überfälle auf Dörfer und Landstriche verübten, gekauft. In den Festungen mußten sie bis zu drei Monate unter Menschenunwürdigen Bedingungen ausharren, bis ein Sklavenschiff sie mit auf die monatelange Reise nach Amerika brachte. Auf den Schiffen, in denen die Sklaven tatsächlich wie Sardinen (Bild) gequetscht wurden.
Den größten Anteil am Sklaveneinkauf hatten übrigens die portugisischen Kolonien wie Brazilien, die USA waren „nur” mit ca. 6-7% der Sklaven beteiligt.
Die Eindrücke in den Festungen sind stark und es ist unvorstellbar, welches Leid hier durchlitten wurde.

Neben der bedrückenden Geschichte gefällt uns Cape Coast aber sehr, die Atmosphäre ist entspannt angenehm, auf der Suche nach dem Postamt werden wir von einer Schar Kinder „angefallen“: umarmt, umtanzt, umsungen und ausgefragt.
Die Frau am Schalter der Post ist etwas ungehalten, als ich meine Postkarten aufgebe, warum ich nicht früher gekommen sei? Eigentlich ist es zu spät, aber sie bringt sie noch persönlich hoch, damit sie heute noch rausgehen. Nächstes Mal soll ich aber früher kommen, klar?! Klar, verspreche ist und verschweige, daß es mir erstens ziemlich egal ist, ob die Karten noch vor Ostern raus gehen (morgen ist Karfreitag) und zweitens die Karten doch eh nicht vor Ostern in Deutschland sind.
Diverse Ausflüge, unter anderem zu einem Baumkronenpfad (Canopy Walk) im nahen Regenwald, machen es uns schwer aufzubrechen und nach Kokrobite weiterzufahren.

Das Fort in Cape Coast

(-:

„Mach das hier nicht. 50 Cedi Strafe.

Kokrobite (nicht englisch ausgesprochen, hat nichts mit einem Krokodilsbiß zu tun!) ist DAS Wochenend-Strand-Ausflugsziel für Accra und entsprechend voll und touristisch.
Wir holen uns unseren letzten Sonnenbrand, ich lasse mich vom Sicherheitsmann des Hostels zu einem Hummer-Import-Export-Geschäft überreden, plaudern mit dem Grillmeister über Geschlechterrollen in Afrika und Europa, beobachten die Fischer beim Netze knüpfen, die Russen beim Marathon-Schwimmen und die lokale Jugend beim Surfen mit Holzplanken.
Wir lassen Ghana sehr entspannt ausklingen.

Frohe Ostern

Die lokale Surfjugend …

… mit Planken als Surfbrettern.

Mein letztes ghanaisches Mahl: Kenke mit Fisch und Okra-Soße

Auf Wiedersehen, Afrika

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