Auf die Demokratie

Ich habe schon in vielen Ländern auf viele Dinge angestoßen, aber dies ist eine Premiere:
29. Oktober 2013, 90. Jahrestag der türkischen Republik. Es wird groß gefeiert, überall hängen Flaggen und Portraits des Staatsgründers Atatürk. Ganz Kaş ist ein einziges Volksfest, Essen, Trinken, Tanzen, Feuerwerk.
90 Jahre Demokratie in der Türkei. Wie lange es in Deutschland schon Demokratie gibt, werde ich gefragt. 65 Jahre. Die Türkei „gewinnt“. Wir stoßen an: „Auf die Demokratie!“

Ein bißchen Geschichte:

Mantı − türkische Tortellini

Im ersten Weltkrieg stand das Osmanische Reich an der Seite Deutschlands und damit auf der Seite der Verlierer. Als Konsequenz wurde das Imperium zerschlagen und unter den Siegermächten aufgeteilt, die Grenzziehungen von damals gelten noch heute im nahen Osten und erklären die vielen geraden Grenzverläufe (von z.B. Jordanien).
Das was heute das Staatsgebiet der Türkei ist, sollte, entsprechend der dort wohnenden Bevölkerung den Nachbarstaaten zugesprochen werden. Für die Türken sollte nur ein relativ kleiner Bereich in Anatolien verbleiben.
Mustafa Kemal, ein verdienter General setzte sich an die Spitze der nationalen Befreiungsbewegung, und im sogenannten Unabhängigkeitskrieg wurden die heutigen Grenzen der Türkei erobert und festgelegt und am 29. Oktober 1923 die Republik Türkei ausgerufen.
Mustafa Kemal, der das Land modernisieren und nach Europa ausrichten wollte, wurde erster Präsident und nachdem er für die Türken Nachnamen eingeführt hatte, wurde ihm vom türkischen Parlament der Nachname Atatürk, was Vater der Türken heißt, verliehen.
Zwar regierte er relativ autoritär, wenn man heutige Maßstäbe ansetzt, aber wenn man ihn mit anderen autoritären Führern seiner Zeit (Mussolini, Franco, Hitler, Stalin) vergleicht, gibt er eine gute Figur ab:
Abschaffung von Sultanat und Kalifat, Gleichberechtigung der Frau, Einführung des lateinischen Alphabets und mit den damit verbundenen Bildungsreformen eine fast vollständige Alphabetisierung der Bevölkerung, Säkularisierung, Laizismus, die Liste seiner Errungenschaften ist lang.

Bei so viel Neuerungen wundert es nicht, daß sich die vielen Lücken die aufgetan wurden, durch einen Personenkult gefüllt wurden, der an totalitäre Systeme erinnert. Atatürk ist überall, in fast jedem Laden oder Büro hängt sein Bild, jede türkische Stadt hat ein Denkmal, sein Bild findet sich auf Flaggen, auf jedem Geldschein, T-Shirts, Aufklebern, seine Unterschrift ist ein beliebter Autoaufkleber. Sein Geburts- und sein Todestag werden so groß gefeiert, wie der Tag der Republik.

Sein Mausoleum in Ankara ist groß und gewaltig, erinnert mich an chinesisch-kommunistische Prachtbauten und nicht zuletzt auch an die Architektur Albert Speers. Der Besuch auf dem riesigen Gelände hinterlässt bei mir ein irgendwie bedrückendes Gefühl ob dieses Führerkultes.

Wachablösung, die Beine kriegen sie nicht sehr hoch …

… verglichen mit den kirgisischen Kollegen.

Da ich ansonsten leider nicht so viel von der Türkei gesehen habe, gibt es auch nicht mehr viel zu berichten außer ein paar Photos:

Pide − türkische Pizza

Mobile Unterhaltung gabe es schon vor Mobiltelephonen

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2 Responses to Auf die Demokratie

  1. Barbara says:

    Sag mal, hast du eigentlich noch herausfinden können, wofür man in den Flaschendeckelsammelflaschen die Flaschendeckel sammelt? Die hatte ich schon fast vergessen, aber das erfolglose Exemplar auf dem letzten Bild hat mich dran erinnert…

    • Skraal says:

      Ja, habe ich. Mist, das sollte eigentlich in einen Post …
      Die Deckel von Wasserflaschen werden von Schülern gesammelt (meist in leeren Wasserflaschen, die an Bäumen oder Laternenpfählen oder ähnlichem hängen). Wenn eine bestimmte Anzahl zusammengekommen ist, werden sie einem guten Zweck gespendet (es gibt dann einen Rollstuhl für ein Heim, o.ä.).
      Wir hatten also glaube ich alle unrecht. 🙂

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